Liebe Digga
Der Schmerz endet, wenn du verstehst, was er dir lehren möchte. -Budha
Als ich diese Worte gelesen habe, war ich minutenlang still. Denn sie trafen mich mit voller Wucht. Ich war bis dahin fest von überzeugt, dass ich keinen Schmerz mehr spüre, sondern voller Euphorie in die Zukunft blicke und mich kein Schmerz mehr so schnell treffen kann. Falsch gedacht, er ist immer noch da. Er ist immer noch präsent. Er tut immer noch weh. Ich habe seit einem halben Jahr nicht darüber gesprochen, wie sehr mein Herz mir nach meiner Trennung weh tat. Nicht ein einziges Mal habe ich gesagt, es tut weh. Jedes Mal habe ich den Schmerz in Positives verwandelt und mir damit Mut gemacht, dass das Herz aufhören wird weh zu tun. Dass ich diese Art von Schmerz nicht mehr spüren werde und dass ich geheilt bin. Falsch gedacht. Jetzt spüre ich ihn deutlich. Ich habe Verlustschmerz, weil mich die vermeintliche Liebe meines Lebens verlassen hat. Auch wenn es ein Akt der Selbstliebe war und ich mehr als stolz auf die andere Partei bin, da das Thema Selbstliebe ein großes Thema in der Beziehung war, tat und tut es immer noch weh. Ich meine, ich wurde verlassen. Meine schlimmste Befürchtung, dass mein Leben nicht wie in einer Sat 1. Liebesromanze geschehen wird, ist ein getroffen und ich musste mir eingestehen, das Leben spielt seine eigenen Regeln.
Mit Anerkennung der Hochsensibilität habe ich nun einen anderen Blick auf die Liebe, Schmerz und das Leben. Aber eines wird mir immer bewusster , meine Intuition trügt mich nicht. Ich weiß noch, wie ich meinem Expartner begegnet bin und sofort intuitiv spürte, dass wir beide eine sehr tiefe Verbindung haben. Nur tat ich es damals mit Unsinn ab. Trotzdem war es immer wieder so, als wären wir miteinander verbunden nur passte die Zeit nicht. Nach fast zwei Jahren trafen wir uns erneut und waren beide soweit gefestigt, dass wir von Beginn an, eine solche Kraft hatten, dass ich alles um mich passieren lies. Tatsächlich war es der ersten Mann, den ich spüren konnte. Und es war der erste Mann, dem ich bereit war, meine Liebe zu schenken. Mit dem jetzigen Hintergrund des hochsensiblen Dasein, wusste ich Jahre zuvor, dass ich einen Mann kennenlernen werden, der die volle Brandbreite von mir erleben wird. Es kam alles genau so, wie ich es Jahre zuvor vorgeahnt hatte. Während der Beziehung gab es Auf und Ab der Gefühle und unsere Vergangenheit mit vielen Prägungen holte uns ein. Dennoch zweifelte ich nie an der Verbindung zwischen uns. Er war der Mann mit dem ich mich in der Zukunft sah. Und genau die Zukunft brachte die Beziehung zum Fall. Denn statt im Hier und Jetzt zu leben, lebten wir in der Vergangenheit und hoffte auf Besserung in der Zukunft. Ohne in der Gegenwart dafür zu sorgen, dass es eine Zukunft gibt. Ich bemerkte, dass mir vieles schwer fiel, dass Bedürfnisse äußern gar nicht funktionierte. Dass ich schnell aus der Haut fuhr oder seine Gefühle als meine sah und ich auf Distanz ging. Somit drehten wir uns im Kreis und das fast täglich. Ich wusste zwar, dass uns die Lösung und Antwort nicht weit entfernt lag, aber gefunden haben wir sie trotzdem nicht. Dennoch sagte meine innere Stimme, dass wir zwei was zu bedeuten hatten. Ich sah die Trennung kommen, wenn ich heute zurückblickte, wusste ich das wir, aufgrund der Vergangenheit beide an unsere Grenzen stoßen werden. Und ich lies es auch geschehen.
Auch wenn ich keine 24 Stunden später die Antwort gefunden hatte, was wahrscheinlich vieles einfacher gemacht hätte, war die Beziehung vorbei und ich hatte meine erste Liebe verloren. Ich denke die erste Liebe ist die Naivste, völlig frei von Vorerfahrungen begibt man sich in ein Schiff aus Aufregung, Hochgefühlen und völliger Selbstaufopferung. Denn wir wissen oft nicht, dass Selbstliebe der Grundstein für eine gute Beziehung ist. Und die fehlte mir. Mit der Anerkennung der Hochsensibilität verstehe ich nun, dass ich Menschen mit allen Sinnen kennenlernen muss, um für mich herauszufinden, ob sie zu mir passen oder nicht. Ein lockeres Kennenlernen funktioniert da gar nicht. Es muss ein Verbindung geben, sonst geht es nicht. Ein halbes Jahr später, stelle ich fest, dass ich aufgrund meiner Kindheit mir nichts anderes gewünscht habe als Sicherheit in Form eines Mannes zu finden. Nach der Anerkennung begriff ich, dass ich die Sicherheit und grenzenlose Liebe für mich , nur in mir selbst finde. Auch nach einigen Monaten, in denen ich jemanden neues kennenlernte und sehr offen mit der HS umging, stellte ich ein weiteres Mal fest, dass ich immer noch Anteile in mir fand, die Sicherheit und Aufmerksamkeit in einem Mann suchen. Auch bei ihm bestand eine tiefe Verbindung, die mich anfangs verunsicherte, weil ich nicht glauben konnte, dass es nochmal möglich ist, so etwas zu spüren. Nun wo beide Männer fort sind und ich alleine mit mir in das neue Jahr starte, merke ich, dass der Schmerz immer noch da ist. Aber rührt der Schmerz nicht aus den Beziehungen, sondern aus der Kindheit. Und als ich das verstanden habe, hörte mein Herz auf zu unterdrücken, sondern fing an zu heilen und zu verstehen, dass solange ich nicht die Erfüllung in mir finde, die Liebe nicht in anderen zu finden sein wird. Das ist hart, aber realistisch. Was nicht bedeutet, dass wir nicht hoffen dürfen oder es keine Wunder gibt. Ganz im Gegenteil. Wir sollen hoffen, wir sollen daran glauben, dass es den passenden Deckel für uns gibt und wir sollen wissen, dass die Intuition uns leiten wird. Sie wird wissen, wer zu uns passt. Sie wird uns ahnen lassen, worauf wir treffen. Das Universum macht den ganzen anderen Rest. Und all die Zweifel, die rationalen Gedanken und Ängste, sind nicht wir. Sie sind ein Ergebnis aus unsere Biografie. Reine Liebe existiert und ist frei von all dem. Und das ist doch ein tröstlicher Gedanke.